Samstag, 8. August 2020

Bier und Berge und Radfahrer


Am Mittwochmorgen letzter Woche bin ich dann von meinem autobahnnahem Rastplatz weitergefahren. Die Sonne schien und wärmte schon ziemlich, als ich nach dem Frühstück startete. Die Landschaft wurde bestimmt durch Dörfer,

Felder und kleine Wälder, hügelig aber angenehm zum Fahrradfahren .
Die Residenzstadt Ansbach mit ihrer hübschen Altstadt war ganz eindrucksvoll.

Um meine Kette zu ölen, schenkte mir ein Fahrradladenmensch etwa sieben Ooriginal  Rohlofföltropfen. Das muss reichen, kaufen wollte ich keine Ölflasche mehr. Es war gerade Markttag und viel Treiben in der Stadt.
Die Stadt Nürnberg, die ich rechts liegen ließ,  war durch ihr modernes Wahrzeichen, ein hohes rundes, Glasfassadengebäude mit abgeschrägtem Dach, der Business Tower, schon von weitem zu sehen. Eine längere Strecke in Erlangen fuhr ich am Main-Donau-Kanal.
Hinter Forchheim wurde es schon bergiger. Der Weg führte lange im Tal der Wisent entlang. Das Fränkische Bier "zwang"  mich zur Pause im schattigen Biergarten. Danach fuhr ich noch ein Stück und fand an einem Bach namens Leinleiter zwischen Wiese und Maisfeld ein herrliches Plätzchen. Ich beobachtete einen Jäger auf der Pirsch, er zuckte sein Fernglas, ich winkte ihm zu, er zurück, also sehe ich noch nicht wie Wild aus.

Am Donnerstag wurden die Anstiege der nun fränkischen Berge schon spürbarer und steiler, bis es dann nach Bayreuth hin lange bergab ins Tal ging. Bei einer Pause unterhielt ich mich mit Dackel, Herrchen und vier Spaziergängern, alle hatten entspannt Zeit.
Danach ging es ins Fichtelgebirge, gefühlt nur bergauf, die Abfahrten so steil, dass ich bremsen musste. Auf einem alten Bahndamm führte mich der Weg nach Bischofsgrün.

Nicht weit davon ist die höchste Erhebung, der Schneeberg, an dessen Hängen ich über Schotterpisten durch den Wald fuhr. Das sich daran anschließende Hochland ist von Feldern und Wiesen bedeckt. Die kleine Stadt Hochstadt hatte einen einladenden Fleischer mit Bierausschank, eine Gelegenheit, die fränkische Wurst zu kosten. Weiter ging es danach bis nach Selb. Hier wollte ich mir ein von Hundertwasser gestaltetes Fabrikgebäude der Porzellanfabrik Rosenthal anschauen, naja, ein Regenbogen auf einem Neubaublock. Ein angrenzende Gebäude wies noch Spuren architektonischer Interessantheit auf. Selbst den gegenüberliegenden Parkplatz hätte Hundertwasser gestaltet. Naja, Asphalt und paar Bauminseln. In einem Nachbargebäude war Verkauf, ein paar Geschenke erschweren mir nun die Weiterfahrt. Das Design war teilweise recht interessant, aber alles sehr teuer.
Weiter ging es, bis fast an die tschechische Grenze. Ich glaubte schon, zwischen Fischteichen ein schönes Lagerplätzchen gefunden zu haben, doch der bald auftauchende Besitzer lehnte es ab. So fuhr ich ins Nachbarland und fand dort im Wald eine kleine versteckte Lichtung. Die Rehböcke oder einer machte ziemlichen Lärm in der Nacht.

Am Freitagmorgen hatte ich etwas Pech mit meinem Tee. Zweimal kippte mir der Kocher auf dem rosigen Boden um, das erste Mal ergoss sich das kochende Wasser über meinen Fuß, den ich dann den ganzen Tag kühlte, eingewickelt in einen feuchten Waschlappen, aber das half sehr.
An diesem Tag wurde es sehr anstrengend,  die Steigungen kaum zu bewältigen, die Abfahrten steil, aber die Landschaft des tschechischen Erzgebirges präsentierte sich wunderschön, moorige Hochebenen

und wenig besiedelt, ein Kammweg entlang der Grenze zu Sachsen, dafür aber waren sehr viele Radfahrer unterwegs, mindestens die Hälfte elektrisch. Das Vogtland durchquerte ich nur kurz mit Bad Brambach, etwas vergessen im Dornröschenschlaf erinnert noch vieles an die vergangene DDR. Auch in Tschechien sind natürlich die Spuren sozialistischer Vergangenheit sichtbar, wie auch die der blühenden Vorkriegszeit, deren Höhepunkt nicht wieder erreicht wurde. Beim sogenannten Restaurieren gab es eine Periode, da wurde viel Farbe verwendet, häufig locker. Die ist verblasst und lässt mit Abblätterungen und Rissen das Gebäude noch älter erscheinen.
Ein paar Häuser auf der Hochebene, eine Pension mit Ausschank, dort machte ich nach einem langem Anstieg Halt. Die Gäste kamen alle aus Deutschland. An meinen Tisch ein Rentnerpaar aus Thüringen. Die Frau stellte fest, dass "wenigstens" das Bier und das Essen ordentlich sei, auf anderes würden ja die Tschechen nicht so viel Wert legen. Schon haben es die Ossies wieder vergessen,  wie es damals bei uns war.
Nebenan eine Radlergrupoe, alle hatten die gleiche Werbung auf der Sportkleidung,  das Wort Team tauchte auf, ich fragte danach, ob sie in einem Radsportteam seien, die Marke sei mir unbekannt, nein, sagten sie, die Kleidung gäbe es günstig im Outletladen in der Nähe, wo sie wohnten, sei ja nicht weit hierher, ein Runde, dann schönes Bier und zurück nach Hause. Und dann war noch ein jüngerer Mann, ebenfalls Radfahrer, er sagte, er führe nach Leipzig. Er wolle ein Buch schreiben, er hätte Philosophie studiert und bewusst nicht abgeschlossen,  er wäre auf Reisen und hätte so viele Ideen. Seine Kleidung und sein Fahrrad sahen schon ziemlich mitgenommen aus. Nach diesem Bierschmaus jedenfalls trennten sich unsere Wege.
Die Pension erinnerte mich an Winterurlaubszeiten im Riesengebirge. Der Wirt total zuvorkommend, das Bierglas gleich wieder voll und die Gulasch-Knödel eine üppige Portion.
Bei einer vorangegangenen Bergauffahrt holte mich eine gut deutsch sprechende Elektrofahrrad-Tschechin ein, die ich dann mit ihrer Gruppe ebenfalls in dieser Bierpension traf, und fragte mich, woher ich käme und wohin. Ich erzählte etwas von meiner Reise, nicht alles, denn vorher habe ich einem jungen Radreisenden in groben Zügen von meiner gesamten Tour berichtet, er hatte das Teilziel Dresden, und ich fragte erst, dann könnten wir ja etwas zusammen fahren, nach Beenden meiner Erzählung wollte er nicht mehr, sondern lieber allein.
Deswegen will ich erst mal keinen verschrecken, vielleicht klingt das zu unrealistisch,  später dann kann ich ja mehr erzählen.
Viele Radfahrer eben, häufig lokal ohne Gepäck und viele Radfahrgespräche.

In Deutschland-Sachsen fand ich dann vier Meter von der Grenze entfernt an einem Grenzbach ein schönes Plätzchen und warte nun, dass mir die Sonne mein Zelt vom Tau trocknet.


Heute beginnt der zweite Teil meiner Verwandtenbesuche, meine Cousine mütterlicherseits Silke. Mal schauen, ob wir uns nach vielen Jahren wiedererkennen.

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